Taiga
Was ich hatte, sagt er, habe ich breit aufgehängt:
Schnipsel aus Kreppband wie im Ferienlager,
die eigene Haut, eure Gegenwart.
Meine Pausen dosiere ich nach Plan: Kaliumcyanid
oder andere Derivate, du weißt schon.
Ich, sagt sie, antworte mir selbst auf deine Briefe,
denn die Einsamkeit kann nicht tiefer sein.
Taiga, die Weichheit der Worte. Tauen und Zartheit, ihre Potenz.
Dazwischen lange die aufgestapelten Schichten
pflegen. Das Holz, das noch duftet,
täglich die Treppen hochtragen in einem geflochtenen, vorausschauend
außerhalb der Saison gekauften Korb, ich wollte dir sagen:
Mich graust vor der Exaktheit der Attribute,
vor der Durchlässigkeit zwischen der Verrücktheit und der soliden,
präzise ausgeführten Arbeit.
Anna
Anna ist eine Möglichkeit. Sie besteigt den Fuchs, rittlings,
und sie laufen, geschmeidig laufen sie im Wald. Gemeinsam. Himbeerstrauch,
Geäst, Moos. Der Dunst stockt, die Feuchte
kriecht empor, raue Luft, die Luft im Morgengrauen.
Was kommt, was trifft dich? Jetzt, gerade jetzt.
Etwas ist hindurch geschlüpft, Klimpern, Tauen, hörst du?
Die Zeit, wo das Licht noch zart ist. Die Knöchel,
der Tau im Brombeerstrauch. Anna ist eine Möglichkeit. Jetzt,
siehst du? Die Wange angelegt, saugt sie Fellgerüche auf.
Macht nichts, es macht gar nichts. Alles
kommt erst, im Atem, der den Atem hält.
Dieses Wesen kommt, streichelt und verändert dich,
denn deine Nächte sind nicht, noch nicht vollendet.
Zwölf
Ich atmete kaum, gierig, vor der Tür.
Sie waren zwölf und haben über die Schienen nur
den Weg abgekürzt. Der Junge auf der Stelle tot, sie
verblutet auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Dorfmädels
tuschelten, am Bahnübergang könne man noch ihre Haare
sehen. Haare. Ausstreuen von Gerüchten, eine banale Schlange vorm
Konsum, dorthin bring ich die abgelaufene Milch zurück. Merke:
halt sie nie an dem Zipfel fest, den du abschneiden willst.
Seltsam, über ihre Mutter hat damals niemand geredet.
Hatte sie ihnen morgens einen Kuss gegeben, es geschafft, oder wäre ihr
sonst nur alles vor der Nase weggefahren? Ferienfahrpläne,
du weißt schon. Und die schnöde Schlange, die Schlange vorm Konsum.
Aus dem Tschechischen von Martina Lisa