Bianca Bellová

Der sentimentale Roman

2007 | IFP Publishing

Der Himmel verdunkelt sich vor meinen Augen, so als ob mir einer Tinte in die Wanne gießen würde. Ich bin sieben. Plötzlich ist es vollkommen still, und der Wind erhebt sich. Die Landschaft des Militärgeländes ist flach wie ein Opferaltar. Die Wolke kommt genau über mir zum Stehen. Ich sehe mein Spiegelbild im Schaufenster des Gemüseladens; die Haare stehen mir vom Kopf ab. Ich laufe durch die Straßen, sie sind menschenleer, alle sitzen längst zu Hause, in ihren Verstecken. Auf der Tribüne, die für die morgige Maiparade bereit steht, flattern Transparente und zischen bei jedem Hieb. ALLE MACHT DEM ARBEITENDEN VOLK! AUF EWIG MIT DER SOWJETUNION VERBUNDEN. Ich werfe meinen Ballast ab und schmeiße den Anhänger mit der Aufschrift Pepsi-Cola weg. Mein rotes Matchboxauto made in Macao drücke ich mir auf die Brust und renne wie Michael Johnson.

Der erste Blitz spaltet den Wolkenbauch und heraus fließt eine Wasserwand. Ich renne und sofort steht mir das Wasser bis zu den Knöcheln. Ich schnappe nach Luft, ertrinke. Das durchnässte T-Shirt klebt auf meiner Haut und wiegt etwa einen Zentner. Aber das geht noch. Das ist ja noch angenehm. So richtig geht’s los, als die verfickten Blitze beginnen, um mich herum einzuschlagen. Sie blenden mich und so bleibe ich schließlich stehen. Meine Haare scheinen zu brennen. Es donnert ununterbrochen; der Hall hört nicht auf, ich bin völlig taub. Ich stehe und kreische; ich brülle so, dass mich trotz des Getöses auch die alten Weiber hören, die gerade ihre Fenster schließen und ungläubig nach draußen blicken. Sie haben mich in all dem Wasser gar nicht gesehen; sie haben mich in dem Getöse nur schreien hören. Eine von ihnen gab dann zu Protokoll, sie dachte, „sie hätte das Gewitterkind gehört“, und hatte deswegen dann Probleme mit dem örtlichen Politoffizier.

Die Transparente über das arbeitende Volk hat der Wind abgerissen und an den Arsch der Welt geweht. Erst als Erwachsener habe ich begriffen, dass ich damals im Epizentrum des Sturmes stand.

***

Es war seltsam, dass die Wohnung trotz Chaos und Unordnung irgendwie ordentlich aussah. Wie die Wohnung eines Menschen, der jeden Tag mit dem Tod rechnet und nicht will, dass der, der das alles räumen muss, auf etwas Unschickliches stößt, eine Pornografiesammlung vielleicht oder verschimmelte Brötchen zwischen den Socken, was weiß ich. Wer weiß, was sie alles bei mir zu Hause finden würden, wenn ich morgen auf dem Weg zur Arbeit von einer vier Kilo schweren tiefgefrorenen Lammkeule erschlagen würde, wie es angeblich diesem armen Italiener zugestoßen ist …

Ich habe immer geahnt, dass es so kommen würde, wenn auch wahrscheinlich nicht mehr als nur unbewusst.

Nach all den Jahren des: „Nina, Hände weg von der Tasse!“, „Lass sie lieber im Regal!“, „Das ist unsere letzte Erinnerung an Eliška.“, „Sogar für den Besuch wär sie zu schade.“ war klar, dass sie früher oder später kaputt gehen würde.

Jetzt liegt sie hier vor mir, das typische Design der siebziger Jahre mit abstraktem braun-orangefarbenem Blumenmuster in Scherben; einige schaukeln noch provokativ hin und her, so als zwinkerten sie mir zweideutig zu: „Wir wussten doch, dass das so enden wird“.

Ich schrie leicht auf und war selbst überrascht. Damit Sie recht verstehen, ich habe immer alles unter Kontrolle und Anzeichen mangelnder Selbstbeherrschung stoßen mich ab. Ich würde zum Beispiel nie drei Ausrufezeichen setzen.

Auch den Satz „Entschuldigen Sie bitte, Ihre Haare brennen.“ zum Beispiel würde ich wohl nur in nüchternem Tonfall äußern. Nicht, dass es in meinem Inneren nicht manchmal wie in einem Glasofen glühen würde. Aber man sollte seine Würde bewahren.

Deswegen hat es mich so überrascht, dass mir dieser Schrei entfahren ist. Dass es mir so viel bedeutet. Denn die letzte Erinnerung an Eliška war das gewiss nicht. Die Wohnung war so voller Erinnerungen an sie, dass man nach nebenan gehen musste, um sich überhaupt drehen und wenden zu können: ein halbes Dutzend Staffeleien, zig Leinwände unterschiedlich weit vollendet, Aquarelle, Kartons voller Tuben mit ausgetrockneten Ölfarben, sogar alle Ostereier, die sie kunstvoll bemalt hat.

Wobei die Leute nicht wirklich heiß darauf waren, uns zu besuchen. Früher einmal liefen hier alle Tantchen aus dem Norden auf, die nach Prag gekommen sind, und da hat Mama dann immer gerufen: „Mädels, kommt doch mal“, und da haben wir in unserem Zimmer die Augen verdreht, aber schließlich kamen wir doch in die Küche geschlurft, wo irgend eine Dame „Jesses, die sind aber groß geworden, ist das die Möglichkeit!“ rief und jeder von uns eine Tafel Barila mit einem Schmetterling drauf in die Hand drückte. Ich konnte dann gehen, während Eliška ihre letzten Bastelarbeiten herzeigen musste, ihre Zeichnung, ihren Elefanten aus Modurit, ihr Püppchen aus Chemlon … Mit der Zeit gewöhnte sie sich an, die Sachen gleich mitzubringen, wenn Mama rief, um sich den Weg zu sparen, da machte Mama dann ein böses Gesicht, aber nur kurz und nur so, dass es der Besuch nicht mitbekam … Aber seit Eliška weg war, kann ich mich nicht daran erinnern, dass Besuch vorbeigekommen wäre und jetzt wäre es praktisch gar nicht mehr möglich. Das ist eigentlich der Hauptgrund, warum ich das Trauermahl im Restaurant ausrichten muss.

***

Der Typ war in meinem Alter. Als ich ihn sah, wusste ich sofort, dass es mit ihm vorbei war. Den ganzen Abend hatte ich seine Anwesenheit überhaupt nicht bemerkt, kein Wunder bei den fünfhundert Leuten auf der Party. Mich hatten sie früher als den Arzt aufgetrieben. Der Saal wippte und die Klimperkristalle in den Kronleuchtern glänzten in allen Regenbogenfarben: Ich glaube, dass ich über das Tanzparkett lief. Während des Walzers rannte ich gegen die Paare und die ins Gespräch vertieften Grüppchen, die noch nichts gemerkt hatten. Die Sensation muss mir ins Gesicht geschrieben gewesen sein; hinter mir entstand eine Welle und alle setzten sich in Bewegung, um mir zu folgen.

Der Typ liegt unten an der Treppe, völlig grau im Gesicht. Aus dem unsichtbaren Riss schießt das Blut auf das Parkett. Sein Gesicht sieht überrascht und jungenhaft aus, als hätte er gerade erfahren, dass der Abiturball ohne ihn begonnen hat. Der Arzt kommt und krempelt die Ärmel seines Smokinghemdes hoch. Als er sich hinkniet, versperren mir die Schaulustigen die Sicht. Noch bevor der Doktor aufgestanden ist und feststellt hat, was eh schon alle wissen, neigt die PR-Frau ihren Kopf zu mir und flüstert mir zu: „Er hat Frau und kleine Kinder. Irgendjemand wird‘s ihnen sagen müssen.“

Die Blondine aus dem Trade Marketing tritt mit ihrer strassbesetzten Sandale in die Blutlache und fängt an zu kreischen.

Die Firma hat die Feierlichkeiten beendet und alle Angestellten ins Bett geschickt. Das Servicepersonal des Grandhotels lächelt immer noch unnatürlich.

Die PR-Frau neigt ihren Kopf zu mir und berührt mein Ohr mit ihren Lippen:

„Ich hab’s gesehen. Er rutschte sturzbesoffen das Geländer herunter.“

„Was? Du kennst du ihn?“

„Er ist Sales Manager aus Nordmähren. Den ganzen Abend hat er mich angebaggert. Mein Gott, am liebsten wäre ich schon im Bett! Jetzt werd’ ich die ganze Nacht auf sein und ’ne Pressemitteilung und ’ne Mitteilung für die Angestellten zusammenfummeln. Super! Ich organisier’ die Party ’n halbes Jahr lang und dieser Vollidiot beschließt einfach mal so, auf den Kopf zu fallen!“

Ich gebe ihr Feuer und frage sie, ob ich ihr behilflich sein kann. Sie schüttelt den Kopf:

„Nee. Du gehst jetzt bisschen schlafen, damit du schnell nüchtern wirst. Du fährst.“

Ich habe das Gefühl, mein Hirn schwebt auf dem Champagner mit Wodka, ich kneife die Augen zusammen, um mich besser konzentrieren zu können: „Wie, ich fahre? Wohin denn?“

Sie neigt ihren Kopf etwas zur Seite und zieht die Augenbrauen zusammen, um zum Ausdruck zu bringen, dass es ihr leid tut. Sie seufzt tief. Mit der Spitze ihres rechten Schuhs kratzt sie sich an der linken Wade.

„Ich hab’ mit dem Chef gesprochen. Er will, dass du zu seiner Familie fährst. Das kann man nicht über’s Telefon regeln, das verstehst du doch, oder?“

Die Zauberformel „das verstehst du doch, oder?“ ist das Einzige, was ich von dem, was sie sagt, begreife. Ich nicke.

„Fünfhundert Leute und das Personal sind hier. Gleich haben’s die Medien. Es ist ein Uhr in der Nacht, die Klatschpresse schafft’s hoffentlich nicht. Verstehst du, du musst dort sein, bevor es jemand veröffentlicht. Seine Frau muss es von uns erfahren, nicht aus den Nachrichten.“

Der große Saal des Grandhotels ist fast leer. Ein paar Leute haben den Verstorbenen mit ihrem Handy fotografiert.

„Was? Auch wenn ich richtig Gas gebe, brauche ich mindestens fünf sechs Stunden, bis ich da bin!“

Müde lächelt sie mich an und ihr Ton ist eisig: „Du fährst noch in der Nacht los. Und wirst richtig Gas geben, wie du sagst. Wir haben keine andere Wahl.“

Ich knie mich neben den Entschlafenen und drücke ihm die Augen zu. Ich bin überrascht, wie warm er noch ist.

Die PR-Frau drückt mir wieder ihre Lippen auf’s Ohr. Ich kann meine Augen nicht von ihrem Ausschnitt lösen; er ist voller Sommersprossen. Ich bekomme eine Erektion und versuche, nicht laut loszulachen.

***

Ich habe Kopfhörer auf den Ohren. Herr Antoš aus der Etage über mir spielt sein Abendkonzert für Klarinette: die Sonate B-Dur von J. K. Vaňhal, gefolgt vom Konzert Es-Dur für Klarinette und Orchester von J. E. A. Koželuh und selbstverständlich das Kramář-Konzert, welches, weiß ich nicht mehr. Das selbe Repertoir, das er schon damals spielte, als ich noch hier wohnte – dabei bin ich vor fünfzehn Jahren ausgezogen. Diese zermürbende tagtägliche Routine – drei Stücke, nach welchen Herr Antoš das Blatt löst, die Klarinette aueinandernimmt, sie putzt und in den Koffer legt, sich räuspert und zum Abendessen geht – kam mir heute unerträglich vor. Ich hatte Lust, hinaufzulaufen und bei ihm zu klingeln. Ich hatte Lust, es ihm endlich reinzuwürgen, dass er in den dreißig Jahren, in denen er die Stücke spielt, nicht den geringsten Fortschritt gemacht hat, wie ein Athlet, dessen Namen alle irgendwie kennen, weil er seit vielen Jahren die internationalen Athletiklaufbahnen abfährt, aber immer nur irgendwo zwischen Platz zehn und dreißig endet … Aber wie gesagt, ich bin niemand, der gern auf Konfrontationskurs geht; ich machte meinen Player an und setzte die Kopfhörer auf.

Ich höre also The Killers, stehe am Fenster, das etwas beschlagen ist, es ist Januar, durchdringend kalt, aber kein Frost, ich überlege, wie ich dieses Chaos hier schnellstmöglich beseitigen könnte. Zum Beispiel der Flur: vier Schränke nebeneinander, jeder anders in Material, Farbe und Größe, alle voller Kleidung, Decken, Überzüge, Schabracken, Gardinchen, überall wimmelt es von Mottenlarven, nur die Polyesterdeckchen aus China lassen sie in Ruhe, oben auf jedem Schrank stehen mehrere Vasen aus Messing und Stein mit Kunstblumen unterschiedlicher Art, ein bayerisches Brautpaar aus Porzellan und mindestens drei Blutdruckmessgeräte; es stinkt konzentriert muffig und nach Katzenpisse. Ich atme in meine Hände, weil ich friere (in der ganzen hundertfünfzig Quadratmeter großen Wohnung gibt es nur einen einzigen Gasheizautomaten, der im Laufe der Zeit nicht nur allmählich seinen Geist aufgab, sondern auch nach und nach hinter Möbeln verschwand, so dass es in der Wohnung immer kalt war), gedankenverloren fahre ich mit dem Finger über den verstaubten Fensterrahmen, und dann kommt es, Brandon Flowers schraubt sich bis an die Grenze seiner Möglichkeiten: „Sometimes, you close your eyes and think of the place you used to live … when you were young“, mir fällt ein, klar, darüber denke ich jeden Tag nach, jede wache Stunde, ich denke an diese Küche, diese Wohnung, ganz verstaubt und voller Spinnweben, verhext, unruhig, weder tot noch lebendig, sie ist wie ein Vampir, der mich in Schach hält und mich lähmt, bis ich aushole und ihn mit dem Eichenpflock im Schritt treffe.

***

Um halb sechs bin ich schon auf der Autobahn. Ich bin fast allein, bis auf das Karnickel, das mitten auf meiner Spur sitzt. Ich reiße das Steuer herum und fahre an ihm vorbei. Der Hase rührt sich noch nicht mal. Mein Puls ist auch nicht schneller geworden; es war eine Prüfung, die wir beide bestanden haben.

Ich halte an der nächsten Tankstelle, wo ich die Aufschrift Segafredo sehe. Ich bleibe noch etwas im geparkten Auto sitzen und blinzle durch die Wassertropfen auf der Windschutzscheibe in die bunten Lichter der Tankstelle. Ich suche nach einer Radiostation, die mir helfen würde, auf meiner Fahrt wach zu bleiben. Ich tanke voll, dabei tropft mir Benzin auf die Schuhe. Auch an meinen Händen klebt Benzin, das ist gut so, denke ich, und werde den Rest des Tages an ihnen riechen. Ich gehe hinein und suche die Zeitung von heute, aber nein, es ist noch zu früh. Zwei Fernfahrer im Imbiss drehen sich nach mir um und verstummen. Dann kehren sie wieder zu ihrer Gulaschsuppe im Plastikteller zurück.

„Scheiße“, sagt einer von ihnen so, dass ich ihn hören kann: „Der Typ schaut aus wie ’n Totengräber.“

Die junge Dame hinter dem Tresen sieht müde aus, ist aber nett. Ihr Kaffee schmeckt nach Eisen. Ich versuche, ihn umzutauschen, aber die Dame versteht mich nicht, sie ist Ukrainerin und hat gerade den Nachtdienst hinter sich. Ich trinke meinen Eisenkaffee aus. Es beginnt, hell zu werden. Ich sehe, dass es viel stärker regnet, als mir lieb ist.

***

Ich öffne den Küchenschrank und sehe, dass die Tassen immer noch genauso da stehen wie früher, nur meine fehlt (Eliška hat sie kaputt gemacht; Mama dachte, es wäre aus Versehen passiert und ich habe ihr nie die Wahrheit gesagt, aber in Wirklichkeit ist Eliška wütend auf mich gewesen und schmiss sie zu Boden), wir hatten beide die gleiche, ihre steht noch dort, unantastbar. Ich nehme sie in die Hand und sehe alles wieder vor mir: Es ist Morgen, draußen noch dunkel, die Fenster sind beschlagen wie heute, ich sitze ordentlich am Tisch, und Mama flicht mir einen Zopf, Eliška kommt in ihrem karierten Schlafanzug angeschlurft und blinzelt uns von der Küchentür aus an, als müsste sie erst einmal ermitteln, was sich hier seit gestern verändert hat. „Komm frühstücken, Eliška“, sagt Mama geduldig und Eliška kommt, es sieht aus, als ob sie das alles zum ersten Mal im Leben machen würde, wir frühstücken Marmorkuchen oder Brot mit Schmelzkäse und Touristensalami und Tee mit Saft, hören beim Frühstück die „Morgengymnastik“ im Radio und kichern bei der Vorstellung, dass jemand in seinem Wohnzimmer in Turnhose und Unterhemd auf dem Teppich liegt und echt den Unsinn nachmacht, den sie da vorsagen. Dann schaltet Mama auf die Radiostation Hvězda um und Karel Gott singt „Selawie“ oder Jiří Korn „grünes Tal, überall Bienengesumm“, Eliška wird langsam wach und fragt sich, wie es wohl ist, jemand zu sein, der genauso heißt wie sie … Ich sage ihr, dass sie bescheuert ist und sie kriegt die Wut und schmeißt meine Tasse auf den Boden, Mama dreht sich um und Eliška sieht mich an und verdreht die Augen, ich sage, dass Eliška ein Trampeltier ist und ihr meine Tasse runtergefallen ist und Eliška lacht.

Ihre Tasse ist mir jetzt aus der Hand gerutscht, ich weiß gar nicht wie. Ich habe sie gar nicht auf den Boden fallen hören, weil ich ja die Kopfhörer aufhatte. Es wird mir bewusst, dass ich so ’ne Tasse nirgendwo mehr kaufen kann.

Das mit der Gymnastik im Radio war eigenartig. Ich weiß gar nicht, was ich dafür geben würde, wenn ich die Titelmelodie irgendwo hätte und sie mir anhören könnte. Oder einige dieser Sendungen in voller Länge. Ich könnte es vielleicht im Rundfunkarchiv versuchen. Ein paar kompromisslose Flötentöne und zehntausende ehemalige Sokol-Turner nahmen in der ganzen Republik die Grundstellung ein; die gütige aber doch unnachgiebige Stimme des Vorturners führte eine Armee an, die gut ausgebildet war, um stundenlang durch den Wald zu laufen und Pilze zu suchen oder sich in ihrer Rente ein Wochenendhaus zu bauen.

Für unsere Mama traf dies aber nicht zu; sie kehrte selten in ihre heimatlichen Berge zurück und wenn, dann tat sie sich schwer, bei Atem zu bleiben, wenn es bergaufwärts ging. In ihrer Jugend turnte sie im Sokolverein, über die Jahre muss ihre Begeisterung für einen gesunden Körper jedoch irgendwie verflogen sein. Sie hatte aber so ein für andere schwer nachvollziehbares Gefühl, dass sie etwas für ihre Kondition tat, indem sie jeden Tag die Sendung „Morgengymnastik“ im Radio hörte. Schwer einzuschätzen; eins aber weiß ich ganz sicher: Könnte ich heute noch den Jingle jeden Morgen im Radio hören, finge mein Tag sicherlich fröhlicher an.

 

(Übers. Veronika Siska)