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Josef Čapek: Gedichte aus dem KZ

Zweisprachige Ausgabe, herausgegeben und übersetzt von Urs Heftrich. Erschienen in der Bibliothek der Böhmischen Länder des Verlags Arco.

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Ein Maler der Avantgarde von Weltrang wurde im KZ gezwungen, für die SS kleinbürgerliche Gemälde mit röhrenden Hirschen und Alpenlandschaften zu malen. Als ein Akt der Freiheit begann Josef Čapek dagegen in Sachsenhausen mit einer von ihm bis dahin nie erprobten literarischen Form, dem Verfassen von Gedichten, die in den hier bedrängten Räumen entstehen konnten, wagemutig auf einer Schreibmaschine abgetippt wurden und mittels Durchschlägen im Lager kursierten. Diese Kopien gelangten noch während des Krieges aus dem KZ und in die Hände von Čapeks Frau und des Dichters Vladimír Holan. Die Originalhandschriften, in unserer Ausgabe als Faksimile abgebildet, wurde von einem Gefährten Čapeks bewahrt, der den Todesmarsch aus Sachsenhausen überlebte.

Ausgangspunkt von Čapeks Lyrik war die Klage um den bereits vor der Okkupation gestorbenen Bruder Karel, zu dem er eine tiefe Bindung hatte; das letzte Gedicht „Vor der großen Reise“, dem Transport vom 25. Februar 1945 aus Buchenwald nach Bergen-Belsen, nimmt die Todeserwartung vorweg. Motive aus dem Lageralltag – Hofgänge, Zellen, Hinrichtungen, Särge, Leichen auf Karren – verbinden sich mit Trost-, Hoffnungs- und Sehnsuchtsversen.

Lena Dorn